Berlin, 13. Juni 2024 – Ich bin einer Einladung des Bundesverband Deutscher Privatkliniken e.V. zum Bundeskongress nach Berlin gefolgt, der die Krankenhausreform unter dem Motto ‚Sackgasse Staatsmedizin‘ beleuchtete.
Prominente Vertreter
Die ‚Großen‘ waren vertreten: Helios, Asklepios, SANA, AMEOS, Schön Klinik, Rhön-Klinikum, MediClin, Paracelsus, Kliniken Dr. Erler und VAMED Gesundheit u.s.w., insgesamt Vertreter von rund 1.300 deutschen Krankenhäuser und Reha-/Vorsorgeeinrichtungen.

BDPK: Kritik und Forderungen
Der BDPK bezweifelt, dass die Krankenhausreform in der gegenwärtigen Fassung die bestehenden Probleme der Krankenhausversorgung lösen wird.
BDPK-Präsidentin Dr. Katharina Nebel betonte, dass die privaten Klinikträger die Notwendigkeit einer Reform nicht in Frage stellen.
„Mehr ambulante Versorgung, mehr Qualität durch Spezialisierung und mehr Fachkräfte vor allem durch weniger Bürokratie unterschreiben wir sofort,“ erklärte Nebel.
Der BDPK befürchtet allerdings, dass diese Ziele mit einer handwerklich schlecht gemachten Krankenhausreform nicht erreicht werden und sie stattdessen wie ein Krankenhausschließungsprogramm wirken werde.
Zu den zahlreichen Mängeln der Gesetzesvorlage gehöre, dass der vom Bundesgesund-heitsminister kritisierten Fallzahlabhängigkeit der Krankenhäuser mit einer fallzahlabhängigen Vorhaltevergütung entgegengewirkt werden soll. Damit könne das Ziel der „Entökonomisierung“ nicht erreicht werden.
Gesetzesvorlage und Reformdetails
Prof. Dr. Edgar Franke, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), schilderte den Kongressteilnehmern/innen den aktuellen Sachstand zur Krankenhausreform. Den Kliniken solle ein Stück weit der wirtschaftliche Druck genommen werden.
„In dem Zusammenhang wird immer von der ‚Entökonomisierung‘ geredet, aber ich glaube , es ist nicht der der richtige Begriff. ‘Ökonomisierung‘ im Bereich Gesundheit, im Hinblick darauf, dass jeder in den Genuss von effizienten Leistungen kommt, kann eigentlich insofern nichts Falsches sein.“
Edgar Franke stellte in Aussicht, dass der Leistungsgruppen-Grouper, der mehr als 1.300 Fallpauschalen auf die 65 Leistungsgruppen erlösrelevant aufteilt, wie geplant im September 2024 vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) geliefert werden wird. Er erläuterte, dass die Betriebskosten der Krankenhäuser bis zum Jahr 2026 weiterhin durch das derzeitige Fallpauschalensystem gedeckt würden. Ab 2027 beginne eine Übergangsphase, in der auf das neue Finanzierungssystem mit Transformationsfond umgestellt werde, welches ab 2029 vollständig in Kraft trete.
Reaktionen der Klinikvertreter
„Ich bin entsetzt, wenn ich höre, dass es bis Ende 2026 kein zusätzliches Geld für Kliniken geben wird“, sagte Michael Dieckmann, Vorstandsmitglied der Ameos-Gruppe. „Es ist schlicht unverantwortlich, dass die Politik das gesamte finanzielle Risiko für die Reform auf die Krankenhäuser abwälzt. Sie vernichten dadurch Werte, die zum Teil über Generationen aufgebaut worden sind.“
Die AMEOS-Gruppe betreibt Krankenhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die flächendeckende Versorgung ist ein Hauptziel und wird erreicht durch ein zentrales Verwaltungssystem. Verwaltungstätigkeiten, die nicht direkt mit der Patientenversorgung zu tun haben, werden in regionalen Zentren abgewickelt, was Effizienz durch Synergien schafft. Jedes AMEOS-Krankenhaus bietet eine Grundversorgung mit Innerer Medizin und Chirurgie, während spezialisierte Fachgebiete auf verschiedene Standorte verteilt sind. Dieses System der flächendeckenden Versorung ist in Gefahr durch die aktuelle Finanzierungslage und die Krankenhausreform, die eine Konzentration von Leistungen in großen Zentren vorsieht.
Wirtschaftlichkeit privater Kliniken
Auffallend ist, dass Kliniken mit privaten Trägern in der Vergangenheit die größte Rentabilität aufwiesen im Vergleich zu Kliniken in öffentlicher Hand und zu freigemeinnützigen. Im Jahr 2022 verzeichneten Helios, Rhön, Asklepios und Sana Gewinne. (Quelle:Statista)
Unabhängig von der Studie ergibt sich, dass private Kliniken am wirtschaftlichsten als auch am effizientesten arbeiten. So liegt etwa die Material- und Personalaufwandsquote bei 84,2 Prozent, bei den öffentlichen Häusern erreicht sie dagegen 92,1 Prozent. (Krankenhausvergleich 2020 von PwC)

Thomas Lemke, Vorstandsvorsitzender der Sana Kliniken AG, kommentiert das Argument private Kliniken würden sich nur die ‚Rosinen rauspicken‘ (Anmerkung: das bedeutet: nur rentable Leistungen – wie z.B. Gelenkersatz – anbieten), während die kommunalen Krankenhäuser auf dem Land den Versorgungsauftrag ausführen müssen und deshalb auch wirtschaftlich nicht so gut laufen:
„ Das sind die gern bedienten Narrative für die Öffentlichkeit, um Vorurteile zu schüren! Fakt ist, die privaten Träger haben 40% aller Krankenhäuser im ländlichen Raum, dazu noch 20% Freigemeinnützige. Wir stellen die Versorgung heute in Räumen sicher, wo kommunale schon gar nicht mehr da sind, wie in der Uckermark oder im Bayerischen Wald zum Beispiel. Und dieses Thema Rosinenpickerei: muss man sich einfach nur schlichtweg verwehren. Das stimmt so nicht! So hat jedes Krankenhaus ein Interesse, eine Notaufnahme sicherzustellen und es gibt klare Vorgaben von Gemeinsamen Bundesausschuss, dem Regulator, welche Klinik mit welchem Merkmal Notaufnahmen haben.“
Patienten als aktive Mitentscheider
In einem weiteren Beitrag stellte der Münchener Gesundheitsökonom Prof. Günter Neubauer ein Konzept zur Diskussion, nach dem Patienten/innen statt wie bisher passive Steuerungselemente zukünftig aktive Mitentscheider der Versorgungslandschaft werden, indem sie sich auch an den Kosten individuell beteiligen, wenn sie Krankenhausleistungen in Anspruch nähmen. Er sieht darin einen Ansporn für Kliniken Kliniken, wirtschaftlicher zu arbeiten.
„Wir haben eine Planwirtschaft“, stellt er fest.
Und eine schlechte Planung brächte weitere, differenziertere Planungen mit sich, die den Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten steigere und zu weiteren Fehlallokationen führte.
Fazit
Für mich stand der Besuch des Bundeskongresses im starken Kontrast zum Interview mit Klaus Emmerich, vom Bündnis ‚Klinikrettung‘, der am liebsten Gewinne in Gesundheitseinrichtungen völlig ausschließen möchte. Ich fühle mich eher in der Gedankenwelt von Prof. Neubauer zu Hause. Als Diplom-Kauffrau ist mir die unsichtbare Hand des Adam Smith ein Begriff: Wenn alle Akteure an ihrem eigenen Wohl orientiert sind, führt eine angenommene teilweise oder vollständige Selbstregulierung des Wirtschaftslebens zu einer optimalen Produktionsmenge und -qualität sowie zu einer gerechten Verteilung. Exzellente Leistungen und effizienter Umgang mit knappen Ressourcen werden durch Wettbewerb hervorgebracht, nicht durch Planwirtschaft!